Schluss-Etappe des OWK Jahreswanderweg 2022
am 25.09.2022
von Amorbach nach Walldürn
OWK im Madonnenländchen unterwegs
Vom Dachverband des OWK wurde der 6-Täler-Weg als Jahreswanderweg 2022 ausgewählt. Er durchquert den Odenwald von West nach Ost und führt von Bensheim nach Walldürn. Die Schlussetappe mit einer Wanderung von Amorbach nach Walldürn am 25. September organisierten und gestalteten die Ortsgruppen OWK Amorbach und Walldürn mit drei Touren und einem kurzweiligen und interessanten Programm.
Am Altstadtparkplatz in Amorbach, dem Treffpunkt und Start der Veranstaltung, begrüßte die erste Vorsitzende des OWK Amorbach Ruth Schöyen 55 Wanderfreundinnen und Wanderfreunde, die aus Amorbach, Groß-Umstand, Heidelberg, Lindenfels, Miltenberg, Neckarbischofsheim, Weiterstadt und Walldürn angereist waren. Danach startete eine Wandergruppe mit 22 Personen unter der Führung von Hans-Georg Weber, Ralf Englert, Karl-Friedrich Berberich und Helmut Ackermann die Wegstrecke von 18,4 Kilometern. Man folgte der Markierung „grüne Raute“ immer bergan und tangierte die „Riesenhöhle“. Sie soll bis in die Neuzeit ein Versteck für straffällig gewordene oder verfolgte Personen gewesen sein. Auch Wilderer, so erzählt man, sollen darin ihr erlegtes Wild oder ihre Waffen versteckt haben. Infolge von Baumaßnahmen über der Höhle hat sich das Gelände massiv abgesetzt und so die Höhle verkleinert. Auf dem Wanderweg traf man auch auf einen Trapezsteinsarg aus dem frühen Mittelalter und den Schelle-See, ein kleiner, fast quadratischer Teich direkt hinter einem Dreifaltigkeitsbildstock. Um diesen See rankt sich eine lokale Sage eines Bauers namens Schell aus dem benachbarten Neudorf. Diebe versuchten Fische aus seinem Teich zu stehlen und bedrohten dabei auch ihn selbst. Als Dank für seine Rettung und die seiner Fische ließ er den Dreifaltigkeitsbildstock errichten, den man regional auch das „Schelle-Bild“ nennt.
Man folgte dem bayrisch-badischen Grenzweg, der von eindrucksvollen, sehr gepflegten, historischen Grenzsteinen gesäumt war, überquerte die Grenze von Bayern nach Baden-Württemberg und erreichte schließlich das Odenwälder Freilandmuseum in Gottersdorf. Dort ließen sich die Wanderer mit regionaltypischen, kulinarischen Köstlichkeiten, wie z.B. Grünkernküchlein verköstigen. Die erste Vorsitzende des OWK Walldürn Frau Agnes Sans sowie der Bürgermeister der Stadt Walldürn, Herr Markus Günther, hießen alle Wanderer zu diesem Event willkommen und wünschten ein herzliches „Frisch auf“ für den weiteren Weg nach Walldürn. Danach setzte man die Wanderung fort. Man folgte zunächst wieder der Markierung „grüne Raute“, tangierte dann den Limesweg. Hier ging man eine kurze Strecke des insgesamt 4,7 Kilometer langen Marspfades. Dieser ist einer von sechs interessanten, zertifizierten, 2022 eröffneten Römerpfaden mit der Markierung „R“. Wanderführer Karl-Friedrich Berberich gab dazu umfassende Erläuterungen. Bei Glashofen-Neusaß gelangte man nach einem Solarfeld und einer Jupiterbank zum Limes-Lehrpfad. Dieser verläuft 2,2 Kilometer auf der Grenzanlage des Obergermanisch-Raetischen-Limes (ORL) durch den idyllischen Stadtwald. Den ORL, der seit 2005 zum UNESCO-Welterbe zählt, konnte man dank seiner konservierten Wachtturm-Reste (WP 7/31 - WP 7/34), seinen Ringwällen und einem rekonstruierten Palisadenabschnitt sehr gut erahnen. Mitte des 2. Jahrhunderts verlegten die Römer ihre Reichsgrenze im Odenwald hierher. Somit gehörte der gesamte Stadtbereich des heutigen Walldürns zum damaligen Imperium Romanum.
Eine weitere Wandergruppe mit 33 Personen erhielt zunächst von einer Gästeführerin des Touristikzentrums Amorbach interessante Informationen zu dem zauberhaften Barockstädtchen Amorbach, dessen Entwicklung von der Geschichte des ehemaligen Benediktinerklosters und des Fürstenhauses zu Leiningen geprägt ist. Danach brachte ein Bus die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Odenwälder Freilandmuseum in Gottersdorf. Nach ihrer Bewirtung erkundeten viele Wanderer das Museum. Auch eine dritte Wandergruppe mit 15 Personen wurde von Brigitte und Heinz Laukenmann geführt. Diese klinkte sich zum Essen und Museumbesuch ein. Dabei gewannen sie Einblicke in das frühere dörfliche Leben unserer Region zwischen dem forstwirtschaftlich geprägten Odenwald und dem fruchtbaren, getreidereichen Bauland sowie den Unterläufen des Neckars und der Tauber: vom bescheidenen Tagelöhnerhaus bis zum stattlichen Großbauernhof, von der ländlichen Werkstatt und dörflichen Postagentur bis zur vorindustriellen Ziegelhütte.
Die anschließende 9,7 Kilometer lange Wanderung über die Markierung „grüne Raute“ Richtung Walldürn wurde von den Wanderführern Werner Weigand, Anton Volkert und Helmut Dollinger begleitet. Der Weg führte über den ehemaligen Gutshof Kummershof nach Gerolzahn, früher ein bäuerlicher Ort, heute gibt es dort eine Nudelmanufaktur, ein Nähatelier, eine Eventfloristik und einen Landgasthof. Man folgte dem Weg oberhalb und parallel zur Bahnlinie und überquerte im Walldürner Forst das „Wallfahrtsbrückle“, das jährlich von vielen Pilgern auf dem Weg zur Gnadenstätte nach Walldürn passiert wird. Bald konnte man den Blick ins idyllische Marsbachtal genießen, in dem einst sieben Mühlen am rauschenden Marsbach klapperten. Diese letzte Wegstrecke wird von Walldürnern wegen seines romantisch stimmigen Flairs auch „Liebespfad“ genannt. Kurz darauf zeigten sich am Horizont schon die Kirchtürme der Wallfahrtsbasilika „Zum Hl. Blut“ und schließlich erreichte man Walldürn. Hier erwartete die Wanderfreunde eine kurzweilige, informative Stadt- und Kirchenführung mit Wander- und Gästeführerin Brunhilde Marquardt. Sie erklärte am dortigen Kunstwerk „Geschichtsprozession“ die langjährige traditionsreiche Geschichte Walldürns mit den Römern, die im 2./3. Jahrhundert hier ihre Grenze zu den Germanen zogen; die namengebenden und Stadtrechte verleihenden Herren von Dürn mit ihrem riesigen Herrschaftsgebiet im Hochmittelalter und letztlich erlangte Walldürn vor allem durch die Wallfahrt zum Heiligen Blut überregionale Bekanntheit. Ein gepflegtes Fachwerk-Ensemble an diesem Platz erklärt die Zugehörigkeit der historischen Fachwerkstadt zur Deutschen Fachwerkstraße, denn Walldürn verfügte mit seinem großen Waldbestand über die erforderlichen Baustoffe Holz und Lehm. Neben dem Walldürner Schloss zählt die stadtbildprägende barocke Wallfahrtsbasilika „Zum Heiligen Blut“ zu den kulturhistorischen bedeutenden Baudenkmälern der Region. Das Schloss war einst Herrschaftsmittelpunkt der Herren von Dürn, später Amtssitz des Mainzer Erzbistums, heute arbeitet hier die Stadtverwaltung. Die Kirche zeigt italienische Kunst mit einem illusionistischen Deckengemälde und einem stuckierten Bandl-Werk im französischen Stil. Von großer Bedeutung ist der von dem Bildhauer Zacharias Juncker geschaffene barocke Heilig-Blut-Altar aus Alabaster, in dessen Zentrum das Blutstuch in einem kostbaren Silberschrein eingeschlossen ist. Der Schlossplatzbrunnen erinnert mit seinen Figuren aus rotem Buntsandstein an frühere Erwerbszweige der Walldürner: den Bauern, Handwerker oder Steinhauer; die Marktfrau symbolisiert das im 18. Jahrhundert entstandene Wallfahrtsgewerbe, wie Blumen-, Kerzen-, Devotionalien- und Wallfahrtsgebäckfabrikation und der Händler steht für das Hausier-Gewerbe, das sich im 19. Jahrhundert entwickelte. Auch das Alte Rathaus in seinem imposanten Fachwerkstil, der humorvoll gestaltete Schalkbrunnen, der zum Nachdenken anregt; der älteste Stadtteil Walldürns mit seinen kleinen, verwinkelten Häuschen und engen Gässchen mit dem Namen „Klein Frankreich“, sowie viele religiöse Denkmale, wie Bildstöckle, Kruzifixe, Kapellen und Muttergottesstatuen, beeindruckten die Gäste. Zu Recht konnte man abschließend durchaus bestätigen, im Madonnenländchen unterwegs gewesen zu sein.
Am Bahnhof in Walldürn endeten alle Wanderungen. Frau Inge Eckmann vom Referat Kultur vom Gesamt-OWK bedankte sich bei allen Verantwortlichen und Teilnehmenden für eine gelungene Wanderung trotz des regnerischen Herbstwetters. Im Asia Restaurant Lotus tauschte man seine vielfältigen Tageseindrücke aus, bevor man die Heimreise antrat.